Der Herr der Ringe wurde neu übersetzt. Das zur Theorie.

Meiner Meinung nach hat die neue Übersetzung ihr Ziel gründlich verfehlt. Die Sprache ist zwar deutlich näher an der jetzigen und vereinzelt liest es sich auch leichter, sofern sich das aus der Leseprobe erkennen läßt, aber die geht eindeutig zu Lasten der Stimmung. Der Herr der Ringe ist ein Teil eines Mythos und somit eher alt, als aktuell. Meiner Meinung nach ist die Sprache zumindest weitesgehend dem mittelalterlichen Sprachgebrauch anzupassen: Pluralis majestatis „Was ist Euer Begehr, mein Herr?“ Es fehlen die typischen Anhaltspunkte dafür, für mich klingt das eher nach einen neuen Roman und nicht naach einer alten Mythologie,wie es Tolkien immer haben wollte.

So das nur zu meiner Meinung. Die folgende Leseprobe ist entnommen aus www.klett-cotta.de, Ihr könnt Euch auch dorthin wenden, wenn Ihr Euch beschweren wollt.
Leseprobe / Inhaltsverzeichnis : Der Herr der Ringe. 3 Bände von John R. R. Tolkien
Zur neuen Übersetzung
Die erste deutsche Fassung des Lord of the Rings, vor dreißig Jahren erschienen, hat dem Buch viele Leser und Immerwieder-Leser gewonnen. Einer davon bin ich. Ich verdanke ihr vieles, und als ich mich an die Neufassung machte, merkte ich, dass ich sie stellenweise auswendig kannte, immer ein Zeichen dafür, dass etwas nicht ganz schlecht sein kann. Die Übersetzerin Margaret Carroux hat also an etlichen Stellen die auch aus meiner Sicht richtigen Worte schon gefunden. Dies waren die schwierigsten Momente in meiner Arbeit. Abschreiben müssen, tut weh.
Dennoch wird der Leser auch ohne peniblen Textvergleich Unterschiede bemerken. Die alte Fassung ist nachvollziehend; sie bildet den fremden Text in der eigenen Sprache getreu ab, wobei als unvermeidlich in Kauf genommen wird, dass der Ausdruck ein wenig blasser, das Tempo langsamer, der Stil gleichförmiger wird. Die Neue will das Fremde assimilieren. Der Text soll, obwohl Übersetzung, ein gewisses Eigenleben in den Spielräumen der deutschen Sprache gewinnen: Farbe, Tempo, Kontraste. Die Blässe der durchschnittlichen guten Übersetzung im Vergleich zum Original ist hier nicht mehr entschuldbar. (Aber das alles ist leicht gesagt. Hoffentlich ist es hier und da ein Stück weit gelungen.)
Einen wichtigen Teil der Arbeit hatte mir die alte Übersetzung schon abgenommen: die Verdeutschung der Namen. Darin verbergen sich einige Vorentscheidungen über den Stil. Und an den Namen gab es nicht viel zu ändern. Die meisten sind gut gewählt und haften im Gedächtnis (obwohl nicht wenige Figuren zwei oder mehr Namen haben); und auch an manche vielleicht anfechtbare hatte ich mich gewöhnt. Nur bei Nebenfiguren und selten erwähnten Orten waren kleine Umbenennungen ohne Gewaltsamkeit möglich.
Namensübersetzungen sind anderswo in der Literatur heute nicht mehr üblich, und manche Leute schienen sie auch hier für eine Marotte deutschtümelnder Übersetzer zu halten. Darum sei einmal daran erinnert, dass Margaret Carroux sie auf Tolkiens Wunsch und nach seinen Anleitungen vorgenommen hat. Es gibt keinen vernünftigen Grund, den Hobbits ihre englischen Namen zu belassen, die ja ihrerseits nur Übersetzungen der echten Hobbitnamen sein sollen. Tolkien selbst hat sich an Namensfindungen für das Deutsche beteiligt, und manchmal bot ihm unsere Sprache eine Gelegenheit, die er im Englischen vermisste. Zu dem Wort Elben zum Beispiel – das sich heute so natürlich anhört, als hätte man es schon immer gekannt – hat er der Übersetzerin den etymologischen Hinweis gegeben. Im Englischen musste er mit den peinlichen elves, „Elfen“, auskommen.
Auch den Namen für Sûza, das Land der Hobbits, Auenland, finde ich besser als das dürre englische Shire; und trotzdem wurde er gelegentlich bemängelt. „Zu zahnlos“, meinte ein Kritiker – aber wer will denn hier beißen oder die Zähne fletschen? Das Auenland ist ein Idyll und hat einen ironischen Kosenamen verdient.
Eine Inkonsequenz in den Namensverdeutschungen sei eingestanden. Parallel zu den neuenglischen Namen der Hobbits hätten eigentlich auch die altertümlichen Namen der mit ihnen sprachverwandten Rohirrim eine deutsche Form erhalten müssen, und zwar eine altdeutsche, ähnlich den Namen aus dem Nibelungen- oder dem Hildebrandlied. Davor bin ich zurückgeschreckt. Beim unbefangenen Inhalieren dieser weltentrückten Geschichte würde die Erinnerung an allzu Einheimisches zur stören.
Aus der alten Ausgabe habe ich viele Lieder und Gedichte in Frau von Freymanns vortrefflicher deutscher Fassung übernommen, weil ich sie durch nichts Ebenbürtiges ersetzen könnte. Der veränderte Prosa-Kontext erforderte einige geringfügige Abwandlungen; und andere Stücke wurden ganz neu übersetzt. Wolfgang Krege

Neue Übersetzung
»Guten Abend, die kleinen Herrschaften!«, sagte er und beugte sich zu Frodo herab. »Was haben wir denn für Wünsche?«
»Betten für vier Personen und Stallplätze für fünf Ponys, wenn sich´s machen lässt. Sind Sie Herr Butterblüm?«
»Der bin ich, Gerstenmann heiß ich, Gerstenmann Butterblüm, sehr zu Diensten! Und Sie kommen aus dem Auenland, wie?«, sagte er, und dann, wie wenn er sich an etwas zu erinnern versuchte, schlug er sich mit der Hand vor die Stirn. »Hobbits!«, rief er, »da war doch was? Dürfte ich Ihre Namen wissen, mein Herr?«
»Das sind Herr Tuk und Herr Brandybock«, sagte Frodo, »und das hier ist Sam Gamdschie. Mein Name ist Unterberg.«
»So was!«, sagte Herr Butterblüm und schnalzte mit den Fingern. »Jetzt ist es wieder weg. Aber wird mir schon wieder einfallen, wenn ich Zeit hab, dran zu denken. Weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht; will aber mal sehn, was ich für Sie tun kann. Gäste aus dem Auenland haben wir heutzutage nicht oft, tät´ mir doch leid, wenn wir Sie nicht richtig aufnehmen könnten. Aber heute Abend ist das Haus so voll, wie schon lange nicht mehr. Wenn´s einmal regnet, dann gießt es, sagen wir in Bree. He, Nob!«, rief er. »Wo steckst du, Nob, du flaumfüßiger Penner?«
»Komm schon, Chef, komm schon!« Ein aufgeweckt aussehender Hobbit kam aus einer Tür hervorgeschossen, blieb abrupt stehen, als er die Reisenden sah, und betrachtete sie voll Interesse.
»Wo´s Bob?«, fragte der Wirt. »Was, weißt du nicht? Dann such ihn! Dalli, dalli! Ich hab doch nicht sechs Beine und auch keine sechs Augen! Sag Bob, wir haben fünf Ponys zum Einstallen. Er muss irgendwie Platz machen.« Nob trabte davon, grinsend und den Gästen zublinzelnd.
»Also, na, was wollt ich doch gleich sagen?«, sagte Herr Butterblüm und tippte sich an die Stirn. »Ein Fuß jagt den andern, sozusagen. So viel um die Ohren heut Abend, dass mir der Kopf schwirrt. Da ist eine Gruppe, die ist gestern Abend angekommen, über den Grünweg von Süden rauf – schon mal eigenartig genug! Dann noch ein Trupp Zwerge, die nach Westen wollen, heute Abend angekommen. Und jetzt noch Sie! Bezweifle, dass wir Sie unterbringen könnten, wenn Sie keine Hobbits wären. Aber im Nordflügel haben wir ein paar Zimmer, die wurden speziell für Hobbits angelegt, als der Laden hier gebaut wurde. Ebenerdig, wie sie´s am liebsten haben, runde Fenster und alles nach ihrem Geschmack. Ich hoffe, Sie werden sich wohl fühlen. Sie wollen zu Abend essen, na sicher! Bald wie möglich. Hier lang bitte!«
Er führte sie über einen Gang und machte eine Tür auf. »Hier haben wir ein nettes kleines Klubzimmer«, sagte er. »Hoffe, es ist Ihnen Recht. Entschuldigen Sie mich jetzt, so viel zu tun! Keine Zeit, zu reden, immer auf Trab. Harte Arbeit, wenn man bloß zwei Beine hat, und trotzdem werd´ ich nicht schlanker. Ich schau später noch mal rein. Wenn Sie was wünschen, bimmeln Sie mit der Handglocke, und Nob kommt und bedient Sie. Wenn er nicht kommt, noch mal lauter bimmeln und brüllen!«
Als er schließlich ging, waren sie ganz außer Atem.
Alte Übersetzung
»Guten Abend, kleiner Herr!« sagte er, indem er sich bückte. »Was habt Ihr für Wünsche?«
»Betten für vier Leute und Unterkunft für fünf Ponies, wenn es sich machen läßt. Seid Ihr Herr Butterblume?«
»Jawohl, mein Name ist Gerstenmann. Gerstenmann Butterblume, zu Euren Diensten! Ihr seid aus dem Auenland, nicht wahr?« sagte er, und dann schlug er sich plötzlich auf die Stirn, als ob er versuchte, sich an etwas zu erinnern. »Hobbits!« rief er. »Was fällt mir denn dabei ein? Darf ich nach Euren Namen fragen, Herr?«
»Herr Tuk und Herr Brandybock«, stellte Frodo vor. »Und das ist Herr Gamdschie. Mein Name ist Unterberg.«
»Na, so was«, sagte Herr Butterblume und schnalzte mit den Fingern. »Nun ist es wieder futsch! Aber es wird mir wieder einfallen, wenn ich Zeit zum Nachdenken habe. Ich laufe mir gewiß schon die Hacken ab, aber ich werde sehen, was ich für Euch tun kann. Wir haben heutzutage nicht of Gäste aus dem Auenland, und es würde mir leid tun, wenn ich Euch nicht aufnehmen könnte. Aber heute abend ist ein derartiger Betrieb im Haus, wie wir ihn lange nicht hatten. Wenn es einmal regnet, dann gießt es gleich, wie wir in Bree sagen.«
»He, Kunz!« schrie er. »Wo steckst du denn, du wollfüßiges Faultier! Kunz!«
»Komme schon, Herr, komme schon!« Ein vergnügt aussehender Hobbit schoß aus einer Tür heraus, und als er die neuen Gäste sah, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte sie höchst neugierig an.
»Wo ist Hinz?« fragte der Wirt. »Das weißt du nicht? Dann such ihn. Schneller, schneller! Ich habe keine sechs Beine, und sechs Augen auch nicht! Sage Hinz, da sind fünf Ponies im Stall unterzubringen. Er muß irgendwie Platz schaffen.« Kunz trottete grinsend und mit den Augen zwinkernd davon.
»Ja, was wollte ich denn sagen?« fragte Herr Butterblume und schlug sich an die Stirn. Eins verdrängt das andere, sozusagen. Ich habe so viel um die Ohren heute abend, daß mir der Kopf schwirrt. Da ist eine Gruppe, die kam gestern nacht den Grünweg von Süden herauf – und das war schon mal merkwürdig. Dann ist heute abend eine Reisegesellschaft von Zwergen gekommen, die nach dem Westen unterwegs ist. Und jetzt Ihr. Wenn Ihr nicht Hobbits wäret, würde ich Euch wohl nicht unterbringen können. Aber wir haben ein paar Zimmer im Nordflügel, die eigens für Hobbits vorgesehen wurden, als dieses Haus gebaut wurde. Zu ebener Erde, was sie gewöhnlich schätzen; mit runden Fenstern und allem, wie sie es gern haben. Ich hoffe, Ihr werdet Euch dort wohlfühlen. Sicher wollt Ihr Abendessen haben. Sobald es irgend geht. Jetzt hier lang.«
Er führte sie ein kurzes Stück über einen Gang und öffnete eine Tür. »Hier ist eine nette kleine Gaststube«, sagte er. »Ich hoffe, es wird recht sein. Entschuldigt mich jetzt. Ich habe so viel zu tun. Keine Zeit zum Plaudern. Immer im Trab. Schwere Arbeit für zwei Beine, aber ich werde nicht dünner. Ich gucke später nochmal herein. Wenn Ihr irgend etwas wollt, läutet die Handglocke, Kunz wird dann kommen. Wenn er nicht kommt, läutet und ruft!«
Endlich ging er, und sie fühlten sich ziemlich atemlos.